Wildenbruch_Rudolf_von_der_Wart_MS2_Box_5_Folder_1

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Prolog.

Szene: Ein niedriges, einsames Zimmer, erhellt von einer grünumschirmten Lampe. An den Wänden zahlreiche Bildwerke; das Gemach, welches Wohn-, Schlaf-, und Arbeitsraum vereinigt, deutet in seinem Äußern auf mangelhafte Vermögensumstände.

Der Dichter (geht händereibend auf und nieder)

Das Kind des Dichters (steht vor ihm)

Der Dichter

Ach! So weit wären wir! und daß ich's nur gestehe, mir ist's lieb, daß wir so weit sind. Bin ich doch nun das schändliche Wochenbett los, in dem uns armen Dichtern nicht Arzt noch Hebamme Hülfe bringt; (denn den Fall will ich gar nicht erwähnen, daß ein guter Freund uns räth, die Frucht lieber ganz bei uns zu behalten, was dann natürlich für so einen armen Teufel die schrecklichsten Folgen haben kann) andrerseits, wenn ich dich so ansehe du Schlingel, wie du mich aus den frischen Augen anblinzelst, muß ich dir sagen, daß du mir gar nicht übel gefällst! Ja, haha, ich glaube im Ernst, von allen meinen Kindern bist du Springsfeld mir das allerliebste.

Das Kind

Das allerliebste? Hihihi guter Vater, hihihi

Dichter

Nun, nun, ist das das Erste, was du auf dieser Welt zu thun hast, daß du deinem Vater so unschicklich in's Gesicht lachst?

Kind

Ja sagtest du nicht, von allen deinen Kindern gefiele ich dir am besten?

Dichter

Freilich ja! das stieg dir zu Kopf, nicht wahr - was giebt's dabei zu lachen?

Kind

Nun da muß ich gleich von neuem anfangen; hihihi!

Dichter

Du Naseweis, werde ich nun bald erfahren, was es mit dem Gekicher soll?

Last edit 3 months ago by Patrick McConeghy
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Kind

Ach liebster Vater, als hätte nicht jedes deiner Kind [sic] gerade dasselbe zu hören bekommen!

Dichter

Wo [] hat denn der Gelbschnabel die Weisheit her?

Kind

Höre nur! Als du mich so beinahe fertig gedrechselt hattest, da trieb mich die Neugierde in den Schubkasten zu steigen, um meine Geschwister kennen zu lernen. Nun war ich gar nicht wenig auf mich eingebildet, hatte es noch in den Ohren, wie du so halblaut zu mir sagtest, "du wirst das beste, bei weitem das beste" fing denn auch gleich da drinnen im Kasten mit lauter Stimme an, sie möchten mich nur hübsch anschauen, ich sei weit besser als sie alle; ach und kaum habe ich das gesagt, so kommen ein Paar alte langhalsige Basen auf mich zu, denn für Schwestern wollt' ich sie gar nicht nehmen, und sehen mich nur so von oben an und sagen "die dumme Trine". Nun aber polterte ein ausgewachsener, ganze 5 Acte großer Bengel daher und fuhr mich an und nannte mich unverschämter als dumm und sagte, ich solle ihm nur einen einzigen Act weisen, wie er deren 5 hätte; und von dir sprach er recht schändlich, und meinte, das sei schlecht von dir, daß du zu allen deinen Kindern sagtest, daß dir das letzte immer das liebste wäre und daß du gar nicht werth wärest, daß er dein Kind wäre; und wie nun der grobe Bube mich so in Angst gesetzt, da fingen alle die anderen an, über mich herzufahren, und die großen Basen zogen die Nasen, und eine Menge kleiner Krabben pfiff und quirlte um mich her, und schrieen, das sei eine Sünde und Schande, solch ein Halbding wie mich, ihnen, die doch lauter ganze Kerle wären vorzuziehen, und da nahm ich die Beine unter den Arm und war zum Schubkasten wieder hinaus.

Dichter

Wenn Ihr Euch so unnütz macht, so werde ich einmal nächstens dazwischen fahren! Was hält mich denn ab, Euch alle bei den Ohren zu kriegen und dann - marsch in den Ofen! Ha?

Kind

Ja ja, davor sind wir ja wohl sicher.

Dichter

So, meinst du Grasmücke?

Kind

Ja nun, du hast doch auch nicht allein über uns zu sagen; die gute alte Tante Eitelkeit spricht doch auch wohl ein Wörtchen mit, denk' ich.

Dichter

Aha, pfeift der Wind von daher? so so, also die krummnasige alte Vettel hat dir das Zeug in

Last edit 3 months ago by Patrick McConeghy
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den Kopf gesetzt? Nun warte, der alten Strunzel will ich die Wege weisen! zum Hause werf' ich sie hinaus! Ist's nicht genug daß sie mir alle Tage den Kopf heiß macht? muß sie ihn auch noch solchen Kindern verrücken?

Kind

Ach liebster Vater, sie fürchtet sich gar nicht sehr die gute Tante. Du sollst sie nur ausfegen, sagte sie mir ein Schlüsselloch fände sich doch noch, wo eine alte treue Person hinein schlüpfen könne.

Dichter

Nun das werden wir schon sehen! Aber jetzt, die Nase hübsch geputzt, das Haar glatt gestrichen, du mußt gleich gehen.

Kind

Bleibe ich denn nicht bei Dir?

Dichter

Mit nichten! Du weißt, mein Freund begeht heute seinen 34ten Geburtstag. damit er nun sehe, daß es einem wahren Freunde nicht zuviel ist, dem Freunde die eigenen Kinder zu schenken, sollst du gleich zu ihm und dich ihm als Geschenk anbieten.

das Kind

Ich soll zu ihm? Ach liebster bester Vater! - ach arme Tante, da wird dir's freilich schlecht gehen!

Dichter

Haha, Siehst du wohl? ja nun wird sie schon zu Kreuz kriechen müssen, nicht wahr?

Kind

Bester, bester Vater, soll ich wirklich gehen? Überleg's noch einmal, gieb Acht, du machst einen dummen Streich!

Dichter

Zum Vetter, will der Fant mich meistern?

Kind (weinerlich)

Jawohl, jawohl, du kannst lachen, dich mag er gern, aber deine Kinder. - Frag einmal nach im Tischkasten, bei meinen Geschwistern, wie sie über ihn sprechen! Da ist nicht ein einziges, das er nicht gezauft hätte! dem hat er gesagt es sei zu breit, und hat es gedrückt, daß ihm der Athem schier verging, das hat er gezogen, weil er sagte es sei nicht gehörig tief; die alten Basen werden grün und gelb wenn sie nur von ihm hören, und der 5 Actige, thu mir den Gefallen, hör' einmal wie der 5 Actige über ihn spricht! ach Gott, und nun soll auch ich zu ihm; ach mein junges Leben! und du mußt doch bedenken daß ich noch sehr jung und zart bin und es gar nicht aushalten kann, wenn er an mir herumzerrt wie an den anderen! Geh, du wirst es noch bereuen.

Dichter

Ich bereue, daß ich den Monsieur so lange schwatzen lasse! Aber nun ist's auch mit meiner Geduld Mathäi am letzten!

Last edit 3 months ago by Patrick McConeghy
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Kind

Gieb nur Acht, ich sage nichts weiter, wenn er kommen wird und sagen, daß mein Oberlieb viel zu lang sei zu den Beinen, daß ich wacklig und überhaupt ein miserables Geschöpf bin, dann sehe ich schon, wie du sie herumläufst -

Dichter

Wirst du schweigen!

Kind

Nein nein, Tante hat's mehr als einmal gesehen, wie du hier herumgelaufen bist und gewettert und geflucht hast, wenn er dir deine Kinder so schlecht gemacht hat - ach nein nein, und nun soll auch ich ? (das Kind weint)

Dichter

Daß der Teufel, wenn ich nun der alten Hexe nicht den Hals breche, die all das Unheil anstiftet! Ob ich nicht mein eigenes Kind bitten muß, daß es nur zu ihm geht? (Er streichelt das Kind) Komm mein Kindchen komm, so so, ich will für dich bitten, daß er's nicht zu schlimm macht. So, nicht wahr nun gehst du doch?

Kind

Nun, da du doch nicht abläßt - Grüß' die Geschwister sag' ihnen, das sei ihnen doch nicht geschehen, daß sie sich so selbst an der Kritik aufspießen müssen wie ich. - Hu, mir ist recht angst.

Dichter

Geh doch nur endlich, du mußt ja zu spät kommen!

Kind

Hahaha, das bringt mich doch wieder zum Lachen, daß du mir das sagst! Ja das muß wahr sein, Wir Dichterkinder haben doch die possierlichsten Eltern von der Welt! hahaha (das Kind geht ab)

Der Dichter (sieht ihm nach)

Da habe ich mir doch eine nasenweise Kröte groß gezogen.

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